Mit eigenverwaltetem Insolvenzverfahren aus der Krise – Gestaltungsmöglichkeiten in der Praxis

Eigenverwaltete Insolvenz zur Sanierung und zum Erhalt von Unternehmen
Seit dem 01.01.2021 ist die Insolvenzordnung um das SanInsFoG ergänzt worden. Der Gesetzgeber hat die Eigenverwaltung, die es seit dem ESUG (Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen) seit 2012 gibt, entsprechend angepasst.

Die mittlerweile angenommene und akzeptierte eigenverwaltete Insolvenz hat sich als Sonderform im Rahmen von Unternehmenssanierung und Unternehmenserhalt etabliert. Allein die Insolvenzantragsformalitäten sind vom Gesetzgeber konkretisiert und um verfahrensspezifische Vorgaben erweitert worden. So muss jetzt Sorge dafür getragen werden, dass der Eigenverwalter oder der Sonderbevollmächtigte der Geschäftsführung entsprechende insolvenzrechtliche Kenntnisse besitzt oder bei Gericht den Nachweis erbringt, über Erfahrungen und Kenntnisse im Insolvenzrecht und speziell in der Eigenverwaltung zu verfügen. Hier ist ggfs. auch ein Nachweis über Kompetenzen bei Gericht vorzulegen.

Der Gesetzgeber hat quasi noch mal verfügt, dass insolvenzrechtliches und wirtschaftliches Know-how der Geschäftsführung bzw. der eingesetzten Sanierungsberater oder Sonderbevollmächtigte der Geschäftsführung grundsätzlich Voraussetzungen sind, um überhaupt die Eigenverwaltung gesetzeskonform zu gestalten.

Mitwirkende bzw. Beteiligte an eigenverwalteten Insolvenzverfahren
Ob eine eigenverwaltete Insolvenz am Ende erfolgreich ist, hängt vor allem davon ab, ob die eingesetzte Geschäftsführung bzw. die Sanierungsberater oder der Sonderbevollmächtigte der Geschäftsleitung über entsprechende Erfahrungen in der Insolvenzverwaltung besitzen bzw. grundsätzlich in diesem Bereich tätig sind und eben im Team mit den weiteren Verfahrensbeteiligten alle Ansprüche erfolgreich umsetzen können.

Im Besonderen sind hier hervorzuheben:

1.    die Geschäftsleitung / Inhaber als eigenverwaltender Schuldner
2.    Sanierungsberater / Sonderbevollmächtigter der Geschäftsleitung
3.    (vorläufiger) Sachwalter
4.    (vorläufiger) Gläubigerausschuss

Die Zusammenarbeit dieser Personen bzw. Institutionen als Verfahrensbeteiligte ist von größter Bedeutung. Nur eine vertrauensvolle und auf Fachkompetenz beruhende Kooperation der einzelnen Beteiligten in dem eigenverwalteten Verfahren führt in der Regel zu einem Sanierungserfolg.

Weder sind honorargetriebene Sanierungsberater, noch hinter Zuschlägen herlaufende Sachwalter die Basis eines Sanierungserfolges. Vielmehr stehen am Anfang der Unternehmenserhalt und das Ziel der Sanierung durch Insolvenzplan im Vordergrund. In der Praxis haben sich wechselseitige und wiederholende Zusammenarbeit von Sanierungsberatern / Sonderbevollmächtigten der Geschäftsleitung und Sachwaltern mit Erfahrungen bewährt.

Die Tatsache, dass sich möglicherweise die Verfahrensbeteiligten schon aus anderen vorherigen Insolvenzen kennen, mindert die vom Gesetzgeber geforderte Objektivität und Sachkompetenz nicht.

Im Gegenteil – oft kennen sich die handelnden Personen auf Seiten des Schuldners und auf Seiten des Sachwalters gut, sodass auch in kritischen Phasen der Eigenverwaltung ein Vertrauensvorschuss bei komplexen Entscheidungen vorhanden ist.

Der Gesetzgeber hat vorausgesetzt, dass die Eigenverwaltung von einem Schuldner (bzw. dessen Vertretern) durchgeführt wird, der entweder über entsprechende Erfahrungen in der Unternehmensinsolvenzverwaltung verfügt oder in der Regel parallel Berater vorhält, die normalerweise in der Insolvenzverwaltung tätig sind.

Ergänzend zu der Geschäftsführung, die das Regelgeschäft abwickelt, sollte ein insolvenzrechtserfahrener Sonderbevollmächtigter der Geschäftsleitung oder Sanierungsberater mit weitreichenden Befugnissen beauftragt werden.

Grundsätzlich ist der Eigenverwalter eine unabhängige Person und den Grundsätzen der Insolvenzordnung vollumfänglich verpflichtet.

Gläubigerausschuss – ergänzt und unterstützt Entscheidungen
Der (vorläufige) Gläubigerausschuss ist ein Aufsichts- und Kontrollorgan der Gläubiger zur direkten Umsetzung der Gläubigerautonomie. In der Regel wird der Gläubigerausschuss eine kontrollierende und ggf. stringent empfehlende Tätigkeit aufnehmen, um den Eigenverwalter begleitend zu unterstützen und auch den Sachwalter mit zu beaufsichtigen.

Hat es in der Vergangenheit „unwissende“ Gläubigerausschüsse gegeben, so musste in der Vergangenheit festgestellt werden, dass die allermeisten Gläubigerausschüsse aus Personen zusammengestellt sind, die über eine hohe Sachkompetenz bei Insolvenzverfahren verfügen (Arbeitsagentur, Kreditversicherer, Banken, Betriebsräte, Anwälte die auf Gläubigervertretung in Ausschüssen und anderen Organen spezialisiert sind).

Sicherlich ist es im Vorfeld sinnvoll und notwendig darüber nachzudenken, inwieweit der (tätige) Gläubigerausschuss unter Beachtung seiner eigenen Gläubigerinteressen Sanierungsmaßnahmen unterstützt oder eben auch mit initiiert.

Aktive Gläubigerausschussmitglieder fordern und fördern den Eigenverwalter und den Sachwalter, auch zum Teil durch unpopuläre Maßnahmen.

Sinn und Zweck des (eigenverwalteten) Insolvenzverfahrens
Immer noch gilt, dass auch im Rahmen der Eigenverwaltung die gleichmäßige und bestmögliche Befriedigung aller Gläubiger vom Gesetzgeber vorgegeben ist.

Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass durch den Erhalt des schuldnerischen Unternehmens oft die bestmögliche Befriedigung der Gläubiger erreicht wird. Der Unternehmenserhalt wird dadurch gefördert, dass die bisherige Geschäftsleitung bzw. die Gesellschafter mit starkem Engagement dafür sorgen, dass die Eigenverwaltung erfolgreich ist. Das wiederum ist für die Gläubiger ein Garant für die höchstmögliche Quote bzw. den Erhalt des schuldnerischen Unternehmens.

Im Wesentlichen ist darauf zu achten, dass die Eigenverwaltung nicht gegen das Gläubigerinteresse verstößt.

Unterschiede Eigenverwaltung / Regelinsolvenzverfahren!
Im Wesentlichen gelten die gleichen gesetzlichen Vorschriften sowohl im Regelinsolvenzverfahren als auch in der Eigenverwaltung. Allein die Umsetzung des Verfahrens an sich in der Eigenverwaltung obliegt dem Eigenverwalter und / oder dem Sonderbevollmächtigten der Geschäftsleitung bzw. dem Sanierungsberater. Während im Regelinsolvenzverfahren der vorläufig bestellte Insolvenzverwalter oder der später durch die Gläubigerversammlung bestätigt und bestellte Verwalter, das alleinige Recht des Handelns (außer ein Gläubigerausschuss ist installiert) in der Hand hat, teilen sich in der Eigenverwaltung der Eigenverwalter mit dem Sachwalter als Kontrolleur die Aufgaben des „normalen“ Insolvenzverwalters.

Fälschlicherweise wird das eigenverwaltete Insolvenzverfahren immer noch nicht als „Regelinsolvenzverfahren“ angesehen – das ist inkorrekt!

Eigenverwaltung und Fremdverwaltung sind beides Regelinsolvenzverfahren, die gerichtlich anzuordnen sind.

Beantragt der Schuldner eine Eigenverwaltung, ist diese auch nach der gesetzlichen Regelung dann anzuordnen, wenn keine Zweifel daran bestehen, dass Gläubigerinteressen im Rahmen der Eigenverwaltung weder vernachlässigt bzw. nicht benachteiligt werden.

Wann ist ein Eigenverwaltungsverfahren sinnvoll?
§§ 270  ff. InsO sieht ein vorläufiges Eigenverwaltungsverfahren vor, wenn der Schuldnerantrag auf Eigenverwaltung nicht von vornherein aussichtlos erscheint und die entsprechenden Unterlagen und Planungen vorgelegt werden.

Weiterhin ist unbestritten, dass Eigenverwaltungsverfahren grundsätzlich immer über einen Insolvenzplan abgeschlossen werden sollten. Ein Insolvenzplan ist nur dann anzustreben, wenn die Sanierung und Restrukturierung des Unternehmens nicht vornherein offensichtlich aussichtslos erscheint.

Wurde in der Vergangenheit immer von einem „insolvenzrechtlichen Sonderfall“ ausgegangen, so ist dies schlichtweg falsch, denn bei entsprechenden betriebswirtschaftlichen und formal juristischen Parametern ist die Eigenverwaltung ein „normales“ Regelverfahren.
 
Verhältnis von Unternehmensgröße und Verfahrenskosten
Aufgrund der besonderen Konstellation das Eigenverwaltungsverfahren aufzusplitten, in Eigenverwalter mit Sonderbevollmächtigtem der Geschäftsleitung bzw. Sanierungsberater und dem gerichtlich bestellten Sachwalter, ergeben sich keine „Kostenvorteile“ gegenüber einer normalen Insolvenzverwaltung.

Fälschlicherweise gehen viele Unternehmerinnen und Unternehmer davon aus, dass die Eigenverwaltung „eine günstige Variante“ der Insolvenzverwaltung ist.

Die mit der Anordnung der Eigenverwaltung zusätzlich zu stemmenden Aufgaben und Anforderungen sind von dem tätigen Management bzw. der eingesetzten Geschäftsleitung regelmäßig nicht allein zu bewältigen. Damit die Fortführungs- und Sanierungsaussichten sowie letztlich auch die Erwirtschaftung einer angemessenen Quote möglich sind, muss ein „Kompetenzteam“ aufseiten des Eigenverwalters tätig sein.

Aufgaben des Tagesgeschäftes und der Sanierung dürfen vom Gesetzgeber nicht auf den Sachwalter übertragen werden, dies ist fern seiner gesetzlichen Aufgaben. Der Hinzuzug von insolvenzrechtlichen und sanierungsspezifischen Experten ist eine logische Konsequenz im Rahmen der Entwicklung der Abläufe der Eigenverwaltung.

Damit ist auch klar, dass nur eine bestimmte Unternehmensgröße oder entsprechende, im Vorfeld zu prüfende und einzugrenzende, freie Masse und Liquidität nötig ist, um störungsfrei das eigenverwaltete Verfahren umzusetzen.

Nicht nur für die Gerichte ist es notwendig, im Vorfeld eine Vergleichsrechnung, Norminsolvenzverfahren versus eigenverwaltetes Insolvenzverfahren aufzustellen. Dabei sind folgende Fragen bzw. Punkte zu berücksichtigen:

1.    Wie wirkt sich die Verfahrensart auf den angestrebten Sanierungs- bzw. Restrukturierungsprozess aus?
2.    Welche Laufzeit wird das Insolvenzverfahren inklusiv Insolvenzplanerstellung,
-vorlage und Gläubigerzustimmung haben?
3.    Vergleichsrechnung bezogen auf die Verfahrenskosten in den jeweiligen Verfahrensarten
4.    Welche „Nebenkriegsschauplätze“ sind zu berücksichtigen (Kundenbindung, Lieferantenbindung, Sonderkündigungsrechte ohne Verfahrenskommunikation)

Deshalb ist es im Vorfeld wichtig und wesentlich zu prüfen, ob die Verfahrenskosten (zumindest im vorläufigen Verfahren) schon nachweislich ermittelt werden können und dementsprechend eine Einschätzung möglich ist, ob das Unternehmen in seiner Größe in der Lage ist, die Kosten der Eigenverwaltung zu tragen.

Eigenverwaltung legt den Fokus auf Unternehmenssanierung
Ziel der Eigenverwaltung ist, regelmäßig das schuldnerische Unternehmen mittels eines Insolvenzplanes zu sanieren.

Der „gefühlte“ Vorteil eines eigenverwalteten Verfahrens ist, dass durch die Anordnung der Eigenverwaltung, das schuldnerische Unternehmen (und die eingesetzte Geschäftsführung) Verfügungsmacht und damit auch die überwiegende Kontrolle über die Unternehmensführung behält und maßgeblich Einfluss auf die Sanierung nimmt.

Entgegen der sonst üblichen Praxis der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters (mit Zustimmungsvorbehalt), ohne Kenntnis der Kunden- und Lieferantenstruktur, verfügt die Geschäftsführung in der Eigenverwaltung genau über dieses Wissen.

Oft wird bei der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters das Vertrauen in Abnehmer bzw. Lieferanten des Schuldners zerstört bzw. soweit belastet, dass ein Sanierungskonzept nur noch schwer umsetzbar ist und das Verfahren in einer „Investorenübernahme“ mündet.

So sind bei der Geschäftsführung (sofern sie eigenverwaltungsfähig ist) Kenntnisse über das Unternehmen, über Produktion, über Auftragszustände und über die Abläufe bei Lieferanten und Kunden auskömmlich vorhanden.

Dieses kann dazu führen, dass unter Aufsicht eines (vorläufigen) Sachwalters diese Kompetenzen und das Wissen erfolgreich in eine Sanierung umgesetzt werden kann, ohne den Verlust durch den Entzug der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis zu riskieren. So sind in der heutigen Zeit viele Unternehmen zertifiziert und bei der früher üblichen Maßnahme einer „übertragenen Sanierung“ gehen zum Beispiel solche Zertifizierungen verloren. Das Gleiche gilt im Übrigen auch für Handelsunternehmen oder Produktionsunternehmen, die für teures Geld Listungen bei ihren Kunden vornehmen mussten. Diese Listungen gehen dann verloren, wenn auch der Rechtsträger nicht erhalten bleiben kann.

Deshalb ist die Eigenverwaltung, gekoppelt mit dem Insolvenzplan (gerade zum Beispiel bei System- und logistisch abgestimmten Produktionsunternehmen) mittlerweile eine Auflage der Lieferanten, um überhaupt weiter gelistet und beliefert zu werden.

Grundsätzlich gilt immer für die Eigenverwaltung, dass das Ergebnis der Quote für die Gläubiger zumindest so gut – wenn nicht besser – als bei einem Insolvenzverfahren mit eingesetztem Insolvenzverwalter sein muss.

Der Erhalt von Arbeitsplätzen und Gesellschaftervermögen sowie die Sicherung von Standorten sind zwar ethisch und moralisch ein wichtiges Werkzeug – auch für die Öffentlichkeitswahrnehmung – hat jedoch keinerlei Wirkung auf die vom Gesetzgeber vorgegebenen Bedingungen der höchst möglichen Befriedigung der Gläubiger.

Die Eigenverwaltung hat die Chance, eine „sozial anerkannte“ Sanierung durchzuführen und gleichzeitig die Quotenforderung des Gesetzgebers zu erfüllen.

Das eigenverwaltete Verfahren wird dann vor den Gerichten nicht oder nur schwerlich angenommen, wenn von vornherein klar ist, dass die Geschäftsleitung (und/oder die eingesetzten Sanierungsberater) der Aufgabe nicht gewachsen sind und dies möglicherweise durch schlechte und/oder fehlerhafte Antragsunterlagen im Vorfeld dokumentiert.

Grundsätzlich wird eine Eigenverwaltung dann nicht möglich sein, wenn schon im Vorfeld deutliche Verfehlungen des Schuldners oder der Geschäftsführung des schuldnerischen Unternehmens vorliegen oder zu erwarten sind.

Keine Eigenverwaltung bei strafrechtlicher Ermittlung / Verfehlung der Geschäftsführung
Sind im Vorfeld des Insolvenzantrags strafrechtliche Ermittlungen gegen Inhaber oder Geschäftsführer des schuldnerischen Unternehmens anhängig oder können aus den Antragsunterlagen Daten und Fakten ermittelt werden, die eine solche strafrechtliche Untersuchung zu befürchten lassen, ist eine Eigenverwaltung nicht mehr möglich.

Die Eigenverwaltung setzt großes Vertrauen in die Geschäftsführung des schuldnerischen Unternehmens sowie in die entsprechenden Sanierungsberater bzw. Sonderbevollmächtigten der Geschäftsleitung voraus.

Finden sich erste Anhaltspunkte für (strafrechtliche) Verfehlungen und ist zu befürchten, dass im Rahmen des laufenden Verfahrens weitere Delikte (Buchführungspflicht, Insolvenzantragspflicht, anfechtbare Rechtshandlung der Geschäftsleitung) ersichtlich werden, ist eine Eigenverwaltung nicht möglich bzw. wird spätestens vom Sachwalter „kassiert“, wenn er Kenntnis von den Verfehlungen / Ermittlungen im vorläufigen Verfahren erhält.

Bestimmte Gläubigervertreter sowie die Vertreter der Kreditversicherungen werden deshalb bei der Eigenverwaltung sehr genau auf die Vorgänge vor Insolvenzantrag schauen, um hier etwaige Verfehlungen der Geschäftsführung zu identifizieren bzw. nachzuweisen, um dann die Eigenverwaltung in ein Insolvenzverfahren mit Verwalter zu führen.

Nach wie vor sind viele kompetente Insolvenzrechtler und Insolvenzpraktiker der Meinung, dass kleinere Eigenverwaltungsverfahren dazu missbraucht werden, etwaige Verfehlungen der Geschäftsführung in der Vergangenheit zu vertuschen.

Allein ein seriöser Sanierungsberater (oftmals selber als Insolvenzverwalter bestellt) wird keine Eigenverwaltung begleiten, wenn er / sie im Vorfeld feststellt, dass es zu Unregelmäßigkeiten in der Vergangenheit gekommen ist und daraus Anfechtungstatbestände oder schlimmstenfalls strafrechtliche Tatbestände abgeleitet werden können.

Frühzeitige Auseinandersetzung mit dem (eigenverwalteten) Insolvenzverfahren

Die Inhaber bzw. die Geschäftsleitung des schuldnerischen Unternehmens müssen sich im Vorfeld der Insolvenz bereits mit den Alternativen der Insolvenzverfahren auseinandergesetzt haben. Welche Sanierungsmaßnahmen zur Verbesserung des Ergebnisses und welche Maßnahmen zur Erhaltung der Liquidität ein- und umgesetzt werden, sind im Vorfeld eines selbst initiierten Insolvenzverfahrens auszuarbeiten bzw. zu verproben. Allein die Entschuldung eines Unternehmens nützt nichts, wenn das Unternehmen in der Zukunft weiterhin Verluste produzieren wird.

Grundsätzlich gilt immer, dass ein Insolvenzverfahren für die Schuldner, Gläubiger und für alle anderen Beteiligten eine echte Belastung ist.

Neben den Bemühungen, ein Unternehmen – auch in der Eigenverwaltung – gegen alle Widrigkeiten am Leben zu erhalten, führen auch die zusätzlichen Belastungen, wie Gerichtsauflagen – Auflagen von Gläubigerausschüssen – berechtigte oder unberechtigte Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft zu außerordentlichem Druck auf alle Beteiligten. Nebenbei ist noch zu bedenken, dass möglicherweise die Geschäftsführer / Inhaber durch Kreditkündigungen und / oder die Heranziehung von Bürgschafts- und Haftungsansprüchen persönlich unter Druck gesetzt werden. Sollte sich nach der Einschätzung des Sanierungsberaters / Sonderbevollmächtigten der Geschäftsleitung herausstellen, dass die bisher tätige Geschäftsführung nichtfür den Zeitraum der Eigenverwaltung geeignet erscheint, ist im Vorfeld des Verfahrens über einen Geschäftsführerwechsel oder den Einsatz von Bevollmächtigten bei inhabergeführten Unternehmen nachzudenken.

Gläubigerverhalten in der Eigenverwaltung
Grundsätzlich gilt für alle Gläubiger, dass das eigenverwaltete Verfahren keine Änderungen gegenüber einem normalen Insolvenzverfahren mit Insolvenzverwalter aufweist. Alle gesetzlichen Auflagen und gerichtlichen Verfügungen müssen von dem Eigenverwalter und seinen Beratern entsprechend umgesetzt werden.

Die gleichmäßige und bestmögliche Befriedigung ist in der Eigenverwaltung das oberste Ziel der Insolvenzordnung und daher werden alle Gläubiger vom Schuldner und dessen Berater genauso behandelt. Bei größeren Verfahren wird üblicherweise ein Gläubigerpool initiiert, der durch einen Poolverwalter vertreten, möglicherweise auch im Gläubigerausschuss sitzen wird.

Alle „Berufsgläubiger“ werden auch im eigenverwalteten Verfahren über die entsprechenden Abteilungen vertreten und arbeiten ihre Forderungen gesetzeskonform ab. Allein die Sonderproblematik „Abführung von Umsatzsteuer im vorläufigen eigenverwalteten Verfahren“ bedarf Wissen und Kompetenz der eingesetzten Sanierungsberater bzw. des Sonderbevollmächtigten.

Finanzamt und auch Sozialversicherungsträger sind im Insolvenzverfahren immer aufgrund ihrer besonderen Stellung gefühlt auf den vorderen Plätzen. Hier liegt es an der Kompetenz, der Erfahrung und dem Wissen des / der Sanierungsberater, ggf. bereits im Vorfeld Konzepte und Abläufe zu strukturieren, um z. B. eine persönliche Haftung des / der Geschäftsführung in der Eigenverwaltung auszuschließen bzw. zu minimieren.

Die Fortführung der Unternehmen in der Eigenverwaltung und die damit geplante Sanierung setzt voraus, dass das schuldnerische Unternehmen eine intakte Organisation hat und hier insbesondere Lager – Faktura und Rechnungswesen auf dem aktuellen Stand sind.

Jede Eigenverwaltung stirbt bei „Versuch und Irrtum“
Schon von Beginn an und heute besonders ist darauf zu achten, dass die Vorbereitung einer Eigenverwaltung absolut professionell durchgeführt wird. Neben dem gesetzeskonformen Insolvenzantrag sind im Vorfeld Liquiditätspläne, Insolvenzgeldanträge, Besonderheiten des schuldnerischen Unternehmens und sämtliche gesetzliche Auflagen im Rahmen eines Insolvenzverfahrens zu planen bzw. vorzubereiten.

Die Sanierungsberater werden mit der Geschäftsleitung sowohl die rechtlichen als auch die betriebswirtschaftlichen und steuerlichen Gegebenheiten prüfen bzw. auf die insolvenzspezifischen Anforderungen abändern.
Im Wesentlichen ist darauf zu achten, dass die eingesetzten Sanierungsberater entweder selber Insolvenzverwaltungserfahrung haben oder regelmäßig als Sanierer (Referenzen?) tätig waren.

Je größer das schuldnerische Unternehmen ist, desto mehr Köpfe mit verschiedenen Kompetenzen wird das Beraterteam auf Seiten des Eigenverwalters haben müssen, um alle wesentlichen Schwerpunkte abzudecken.
Die Sanierungsberater bzw. Sonderbevollmächtigte der Geschäftsleitung sind einem „Regel“Insolvenzverfahren mit Insolvenzverwalter und dessen Team gleichzusetzen.

Der Sachwalter wird in der Regel umso genauer auf das Verfahren schauen, umso unsicherer er ist, dass die Sanierungsberater bzw. begleitende Berater der Eigenverwaltung keine oder wenig Erfahrung in der Insolvenzverwaltung haben.
Teilen sich Sanierungsberater und Sachwalter als kompetente Gegenparts das Verfahren, so wird die Arbeit (inkl. Gläubigerausschuss) in der Regel störungsfrei laufen. Neben den Auflagen des Gesetzgebers und der Sondersituation der Eigenverwaltung werden die Sanierungsberater auch die Eigenheiten des Gerichts bzw. der dort tätigen Richter im Vorfeld recherchieren und im Rahmen des Antrags berücksichtigen.

Eine Ablehnung einer Eigenverwaltung und eine Bestellung eines „fremden“ Verwalters kann die gesamte Sanierung gefährden, weil ja im Vorfeld bereits mit wesentlichen Kunden und Lieferanten die Eigenverwaltung abgestimmt worden ist (allein durch die Gespräche bei der Besetzung des möglichen Gläubigerausschusses!).

Erfahrene Berater von Eigenverwaltungsverfahren werden deshalb im Vorfeld versuchen alle Eventualitäten zu erkennen, um Maßnahmen und Möglichkeiten zu finden, um tatsächlich Gläubiger, Richter oder sonstige Verfahrensbeteiligte zu überzeugen, dass die Eigenverwaltung in diesem speziellen Fall die bessere Wahl ist.

Gerichte und Eigenverwaltung
Wird unterstellt, dass der Insolvenzantrag mit seinen entsprechenden Anlagen und einer Vergleichsrechnung sowie einer belastbaren Liquiditätsrechnung frühzeitig im Rahmen der Eigenverwaltung erstellt wird, so scheiden sich die Geister darüber, wie im Vorfeld gegebenenfalls mit dem Insolvenzgericht umzugehen ist.

Als 2012 das ESUG vom Gesetzgeber verabschiedet wurde, kamen auf die hiesigen Insolvenzgerichte große Veränderungen zu. Heute gibt es bei größeren Gerichten tatsächlich einen eingesetzten Richter oder eine Richterin, die sich nur und ausschließlich mit den Eigenverwaltungsverfahren auseinandersetzt.

Bei mittleren oder kleinen Gerichten werden die Stellen für den Insolvenzbereich von Richtern ausgefüllt, die in der Hauptsache andere Rechtsbereiche im Rahmen ihrer Tätigkeiten abdecken. Das bedeutet, dass wenn ein größeres eigenverwaltetes Insolvenzverfahren bei einem kleinen oder mittleren Gericht eingereicht wird, auch hier die Unsicherheit der tätigen Richter und Richterinnen groß ist, „fremden Beteiligten“ das Vertrauen auszusprechen, anstatt auf bewährte Verwalterinnen und Verwalter zurückzugreifen und ein „normales“ Insolvenzverfahren anzuordnen.

Erfahrene Sanierungsberater (gleichzeitig tätige Verwalterinnen und Verwalter) werden im Vorfeld im Rahmen ihrer beraterischen Tätigkeit klären, wie die Insolvenzabteilungen der Gerichte im Gerichtsbezirk aufgestellt sind und welche Maßnahmen und Möglichkeiten es gibt, um über Unterlagen, persönliches Vorsprechen und Darstellungen, die Eigenverwaltung durch das Gericht beschließen zu lassen.

Gibt es Richter und Richterinnen, die gern und ausführlich im Vorfeld die eigenverwalteten Anträge besprechen und sich mit Rat und Tat einbringen, so gibt es auch Richter und Richterinnen, die sich nicht persönlich mit dem oder den Eigenverwaltern und ihren Beratern im Vorfeld besprechen wollen.

Wunsch und Wirklichkeit – Sachwalterauswahl
Werden bei großen presseträchtigen Eigenverwaltungsverfahren Sachwalter mit hohem Bekanntheitsgrad aus der ganzen Bundesrepublik über die Grenzen von formalen Listungen hinaus – selbst von kleineren Gerichten – bestellt, so ist die Auswahl und das Vorschlagswesen des Sachwalters bei klein und mittleren Eigenverwaltungsverfahren eine äußerst schwierige Angelegenheit.

Da wären erst einmal die Richterinnen und Richter, die gern (und richtigerweise) ihre angestammten Verwalterinnen und Verwalter aus den Gerichtsbezirken, durchaus auch mit lukrativen und öffentlichkeitswirksamen Verfahren, versorgen möchten. Auf der anderen Seite ist nicht jeder klassische Insolvenzverwalter / Insolvenzverwalterin auch gut in der Sachwalterposition.

Da der Sachwalter vom Gesetzgeber her eine kontrollierende und begleitende Position hat, fällt es vielen Verwalterinnen und Verwaltern schwer, alte Verhaltensweisen abzustreifen.

Da ist zum einen die allgemeine Tätigkeit in der Verwaltung, die in der Regel von einem erfahrenen Sanierungsberater / Sonderbevollmächtigten der Geschäftsleitung mit seinem Team umfänglich erledigt werden kann. Positive Fortführungsprognose für die Arbeitsagentur, Insolvenzgeldvorfinanzierung, Insolvenzgeldabwicklung, die Prüfung nach Aus- und Absonderungsrechten und die laufende Bearbeitung aller Arbeiten im Insolvenzverfahren obliegt ihm.

Ein Streitpunkt ist nach wie vor das Kassenführungsrecht. Erfahrene Sanierungsberater in Verbindung mit ebenfalls erfahrenen Sachwaltern lassen das Kassenführungsrecht bei dem Eigenverwalter und nehmen nur ihre Prüfungsaufgabe wahr, indem sie über Kontoauszüge oder Einblick auf die entsprechenden Firmenkonten Zahlungsläufe überprüfen.

Bei erfahrenen Teams, Sanierungsberater / Sachwalter kommt es auch schon vor, dass Zahlungen ab einer gewissen Höhe – auf abgestimmter Basis – mit dem Sachwalter gemeinsam freigegeben werden.

Der Gesetzgeber hat dem Sachwalter freigestellt, das Kassenführungsrecht an sich zu ziehen. Hier kommt dann der Punkt, wo ein Eigenverwaltungsverfahren ohne Kassenführungsrecht in der Regel wirkungslos wird.

Regelmäßig werden sich Sanierungsberater / Sonderbevollmächtigte der Geschäftsleitung im Vorfeld mit den wesentlichen Gläubigern abstimmen, wer als Sachwalter bei Gericht vorgeschlagen werden soll. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Vorschlagswesen dann eine größere Chance hat, wenn der vorgeschlagene Sachwalter / die Sachwalterin bereits regelmäßig von dem Insolvenzgericht bestellt wird und nicht gerade in kürzester Zeit vorher selber ein großes Verfahren erhalten hat.

Es ist gut und sinnvoll, bei bestimmten Gerichten mindestens zwei, wenn nicht sogar drei, Alternativvorschläge zu insolvenzverwaltenden Personen aus dem Gerichtsbezirk dem Richter vorzulegen. Allein Branchenerfahrung oder Erfahrung bei vorherigen Eigenverwaltungsverfahren können hilfreiche Punkte sein, um den Richter / die Richterin davon zu überzeugen, die vorgeschlagene Person zu bestellen.

Ohne näher auf die gesetzlichen Vorgaben einzugehen, ist es bekannt, dass die Gerichte sich bei dem Vorschlagswesen von Sachwaltern völlig unterschiedlich verhalten. Der Eigenverwalter bzw. seine Sanierungsberater sind immer gut beraten, wenn im Vorfeld die Abläufe der Gerichte und die Praxis der Bestellung von Sachwalterinnen und Sachwaltern bekannt sind.

Gläubigerausschuss
Regelmäßig tätige Sanierungsberater werden schon im Vorfeld des Antrags durch Kontakte und Gespräche mit maßgeblichen Gläubigern auch einen (virtuellen) vor(vor-)läufigen Gläubigerausschuss initiieren.

Nicht selten hilft es, auch bei kleineren und mittleren Unternehmen in der Eigenverwaltung, den vor(vor-)läufigen Gläubigerausschuss im Vorfeld – gegebenenfalls durch Umlaufverfahren – zu gründen. Dann kann dieser auch bei Gericht sein Votum hinsichtlich des oder der Sachwalter / Sachwalterin abgeben.

Gibt es Gerichte, die ängstlich sind, was die Kosten des vor(vor-)läufigen Gläubigerausschusses angeht, so kann der vor(vor-)läufige Gläubigerausschuss auch auf Honorar / Aufwandsentschädigung bis zur Eröffnung des vorläufigen Verfahrens oder darüber hinaus verzichten.

Der Gesetzgeber hat bei der Bildung des Gläubigerausschusses formal vorgegeben, dass

1.    der größte gesicherte Gläubiger
2.    eine Vertretung der Belegschaft (Betriebsrat?)
3.    ein Kleingläubiger sowie bei größeren Verfahren weitere Gläubiger (Finanzamt, Sozialversicherungsträger, Pensionssicherungskasse etc.)

teilnehmen können. Grundsätzlich empfiehlt es sich immer, dass der tatsächlich tätige Gläubigerausschuss eine ungerade Zahl hat, damit es bei möglichen Abstimmungen eine Mehrheit gibt.
Der Gläubigerausschuss hat vielerlei Aufgaben, so sind die Wesentlichen:

–    Unterstützung und Vorbereitung der Sanierungsstrategie
–    Unterstützung und Vorbereitung bei einem Insolvenzplan
–    Der Entschluss zur Durchführung eines M&A Prozesses
–    Die laufende Kontrolle des Verfahrens hinsichtlich Liquidität und Ertrag
–    Das (Mit-)tragen von Entscheidungen von wesentlicher Bedeutung im Rahmen des Verfahrens (Personalanpassungen, Teilbetriebsschließungen, Schließung von Niederlassungen oder Zusammenlegung etc.)

Die weiteren Tätigkeiten des Gläubigerausschusses ergeben sich regelmäßig aus der Geschäftsordnung, die der Gläubigerausschuss sich selbst gibt bzw. auferlegt.

Sanierungsberater / Sonderbevollmächtigte der Geschäftsleitung werden im Vorfeld einen gewissen Einfluss auf die Gründung bzw. Besetzung des Gläubigerausschusses ausüben, damit nicht nur eine einheitliche Entscheidungsstruktur am Ende zur Verfügung steht, sondern auch ein „gefühltes“ Votum für die Eigenverwaltung und den folgenden Insolvenzplan vorhanden ist.

Stein des Anstoßes – Dual Track Verfahren
Im Rahmen der gesetzlichen Vorgabe ist es zwingend notwendig, alle Maßnahmen zu ergreifen, um die höchstmögliche Gläubigerbefriedigung durchzuführen. Das führt regelmäßig zu Schwierigkeiten hinsichtlich der Beauftragung der Sanierungsberater durch das Management / Geschäftsleitung des Eigenverwalters.

Der Eigenverwalter ist interessengetrieben und möchte gerne seine Gesellschaftsposition behalten bzw. im Rahmen einer Sanierung dann das nachhaltig entschuldete Unternehmen weiterführen. Dieses Interesse kann unter Umständen völlig gegen die gesetzlichen Vorgaben sprechen und eben auch gegen die Entscheidungen des Gläubigerausschusses sein.

Der Gläubigerausschuss kann unter bestimmten Umständen im Rahmen seiner Möglichkeiten einen M&A-Prozess verlangen.

Dieser M&A-Prozess führt dazu, dass ein extern bestellter Dienstleister den Wert des schuldnerischen Unternehmens bestimmt und dann an den Markt herantritt, um zu prüfen, ob es Investoren gibt. In den meisten Fällen würden Investoren die alte herkömmliche Form der „übertragenen Sanierung“ bevorzugen, weil in den Köpfen immer noch steckt, dass möglicherweise – trotz Insolvenzplan – haftungsrelevante Sachverhalte bleiben bzw. Verbindlichkeiten nachlaufen.

Oft werden unter Umständen auch Eigenverwaltungsverfahren von familiengeführten Unternehmen initiiert mit dem Wunsch, dass Firmenfamilienvermögen in Form von Gesellschaftsanteilen (nach Annahme des Insolvenzplans) erhalten bleiben.

Sicherlich sind Dual Track Verfahren bei großen eigenverwalteten Verfahren, wo Kapital und Management voneinander getrennt sind, die Ultima Ratio. Wird aber die Eigenverwaltung von einem inhabergeführten Bäckereiunternehmen oder von einer Apotheke mit zwei weiteren Niederlassungen initiiert, dann ist hier nicht der Wunsch der Inhaber / Eigenverwalter, über ein M&A-Verfahren „kalt enteignet“ zu werden.

Die gesetzlichen Vorgaben stehen hier im krassen Widerspruch zum Wunsch des Schuldners und diese Situation muss vom Sanierungsberater / Sonderbevollmächtigten mit Fingerspitzengefühl bearbeitet werden.

Auch im Gläubigerausschuss sollte immer daran gedacht werden, dass zum Beispiel der bisherige Gläubiger A, der auch wesentlicher Lieferant ist, zwar eine hohe Quote erreichen kann, jedoch bei Verkauf des Schuldnerunternehmens möglicherweise gegen andere Lieferanten ausgetauscht wird.

Der M&A-Prozess im Rahmen des Dual-Track-Verfahrens ist bei kleinen bzw. mittleren Verfahren in der Eigenverwaltung ein ernst zu nehmendes Problem, wenn unterschiedliche Interessen aufeinandertreffen.

(Verfahrens-)Kosten der Eigenverwaltung
Dass sich die Kultur der Sanierungsberater / Sonderbevollmächtigte der Geschäftsleitung in der Eigenverwaltung so entwickelt hat, hatte der Gesetzgeber nicht im Blick.

Deshalb gibt es auch für die Berater des oder der Eigenverwalter keine gesetzliche Vorgabe, wie die Honorierung auszusehen hat.

Während der Sachwalter und der Gläubigerausschuss nach der insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung (InsVV) honoriert werden, muss und sollen die Berater mit dem Eigenverwalter entsprechende freie Vereinbarungen treffen.

Seit dem 01.01.2021 ist eine Vergleichsrechnung zwischen InsVV und Inanspruchnahme des Sonderbevollmächtigten der Geschäftsführung vom Gesetzgeber vorgeschrieben.
Der Gesetzgeber erwartet einen Insolvenzantrag mit einer Vergleichsrechnung, in der sämtliche Honorare in der Eigenverwaltung gegen die ausgerechnete Gebühr nach InsVV (im Rahmen eines Regelverfahrens) entgegengesetzt werden
Bei sehr engagierten Gläubigerausschüssen kann es durchaus sein, dass der Gläubigerausschuss ein vorab ausgerechnetes Honorar des oder der Sanierungsberater vorgelegt haben will, um dann zum Beispiel die Kosten im Rahmen der Gesamtkostenanalyse des Verfahrens zu deckeln.

Es empfiehlt sich immer, dass der Vergütungsanspruch des Eigenverwalters bzw. seiner Berater, in Anlehnung an die Grundrechnung inklusive Zuschläge nach InsVV, aber auf Basis eines Stunden- bzw. Tageshonorars, abgeschlossen wird.

Im Weiteren sollte die Vergleichsrechnung – die natürlich auch basierend auf die Verfahrensentwicklung angepasst werden muss – nicht nur im Insolvenzantrag als Anlage beigefügt sein, sondern auch zeitnah dem Sachwalter und / oder dem Gläubigerausschuss zur Verfügung gestellt werden.

Sachwalter und Sanierungsberater, die vertrauensvoll zusammenarbeiten, werden in der Regel sowieso ihre Abrechnungen der Honorare bzw. der Gebühren nach InsVV, in Abstimmung mit dem Gläubigerausschuss, harmonisieren.

In einer Vergleichsrechnung werden die Vergütungsvereinbarungen mit dem Eigenverwalter offengelegt und angezeigt sowie eine Kostenprognose der Gesamtkosten der Eigenverwaltung und ein Vergleich zu den Kosten eines gleichgelagerten Insolvenzverfahrens einer Fremdverwaltung aufgestellt.

In der Vergleichsrechnung werden die Kosten des Insolvenzverfahrens (Sowieso-Kosten) ebenso angesetzt. Die Sowieso-Kosten würden sich im Falle der Vergleichsrechnung neutralisieren, da sie in beiden Verfahrensarten anfallen.

Sowieso-Kosten
–    Arbeitsrechtliche Beratung (kollektives Arbeitsrecht)
–    Vertragserstellung
–    Kaufverträge bei M&A Prozess
–    Juristische, betriebswirtschaftliche, steuerliche Beratung und Vertretung in der Eigenverwaltung
–    Honorar eines möglichen M&A Beraters
–    Laufende Buchführung und Steuerberatung in der Eigenverwaltung
–    Kosten des Sachverständigengutachters bei Inventarisierung
–    Gerichtskosten
–    Kosten für Vermögensschadenhaftpflichtversicherung

Die Vergütung des Sanierungsberaters / Sonderbevollmächtigter der Geschäftsleitung, mit der Orientierung an die InsVV, haben den Vorteil, dass die zu erwartende Belastung für die Insolvenzmasse relativ genau prognostiziert werden kann. Auch können dann Schwankungen des Honorars bei Veränderung der Tätigkeiten und oder Verbesserung der Unternehmenssituation (Masseerhöhung), entsprechend der InsVV, mit Zuschlägen ausgewiesen werden.

Änderung der Antragsordnung gemäß SanInsFoG
Der Schuldner bzw. der Sonderbevollmächtigte der Geschäftsleitung fügt dem Antrag auf Anordnung der Eigenverwaltung eine Eigenverwaltungsplanung bei, welche umfasst:

1.    einen Finanzplan, der den Zeitraum von sechs Monaten abdeckt und eine fundierte Darstellung der Finanzierungsquellen enthält, durch welche die Fortführung des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes und die Deckung der Kosten des Verfahrens in diesem Zeitraum sichergestellt werden soll,
2.    ein Konzept für die Durchführung des Insolvenzverfahrens, welches auf Grundlage einer Darstellung von Art, Ausmaß und Ursachen der Krise das Ziel der Eigenverwaltung und die Maßnahmen beschreibt, welche zur Erreichung des Ziels in Aussicht genommen werden,
3.    eine Darstellung des Stands von Verhandlungen mit Gläubigern, den am Schuldner beteiligten Personen und Dritten zu den in Aussicht genommenen Maßnahmen,
4.    eine Darstellung der Vorkehrungen, die der Schuldner (oder ein Sonderbevollmächtigte der Geschäftsleitung) getroffen hat, um seine Fähigkeit sicherzustellen, insolvenzrechtliche Pflichten zu erfüllen, und
5.    eine begründete Darstellung etwaiger Mehr- oder Minderkosten, die im Rahmen der Eigenverwaltung im Vergleich zu einem Regelverfahren und im Verhältnis zur Insolvenzmasse voraussichtlich anfallen werden.

Des Weiteren hat der Schuldner bzw. Sonderbevollmächtigte der Geschäftsleitung zu erklären,

1.    ob, in welchem Umfang und gegenüber welchen Gläubigern er sich mit der Erfüllung von Verbindlichkeiten aus Arbeitsverhältnissen, Pensionszusagen oder dem Steuerschuldverhältnis, gegenüber Sozialversicherungsträgern oder Lieferanten in Verzug befindet,
2.    ob und in welchen Verfahren zu seinen Gunsten innerhalb der letzten drei Jahre vor dem Antrag Vollstreckungs- oder Verwertungssperren nach diesem Gesetz oder nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz angeordnet wurden und
3.    ob er für die letzten drei Geschäftsjahre seinen Offenlegungspflichten, insbesondere nach den §§ 325 bis 328 oder 339 des Handelsgesetzbuchs nachgekommen ist.

Alle Vorgaben des Gesetzgebers müssen durch die Schuldnerin/ den Schuldner und/ oder durch den/die Sonderbevollmächtigte der Geschäftsführung erfüllt werden!
In der Regel werden die entsprechenden Planungen und Vorgaben von den Sonderbevollmächtigten der Geschäftsführung erstellt bzw. ausgearbeitet. Mit der Beauftragung der Geschäftsführung des Schuldners/ der Schuldnerin werden dann sofort alle nötigen Arbeiten von der Sonderbevollmächtigten eingeleitet, um zeitnah einen qualifizierten und vom Gesetzgeber vorgegebenen Antrag auf Eigenverwaltung beim hiesigen Insolvenzgericht einreichen zu können.

Fazit
Eigenverwaltung ist nicht immer die beste Verfahrensart. Sind die Gläubiger im Vorfeld schon verärgert, muss möglicherweise ein starker vorläufiger Insolvenzverwalter kraft seines Amtes und durch Beschlüsse des Gerichts harte und konsequente Entscheidungen umsetzen! Dann ist die Eigenverwaltung die falsche Form des Verfahrens.

Eigenverwaltung bedeutet immer, dass ein Insolvenzverfahren mit der Geschäftsführung und den Inhabern durchgeführt wird, die immer noch das Vertrauen der Gläubiger genießen, obwohl diese möglicherweise im Rahmen der Quote Verluste erleiden.

Nicht alle Verwalterinnen und Verwalter in den hiesigen Gerichtsbezirken finden es zudem fair, wenn ursprünglich früher eingehende Insolvenzverfahren heute als Eigenverwaltung deklariert werden und der Eigenverwalter auch noch „seinen“ Sachwalter (auch durch Gläubigerausschüsse unterstützt) vorschlägt.

Die Eigenverwaltung hat unter den Verwalterinnen und Verwaltern die Karten neu gemischt. Gibt es Kanzleien und Sozietäten, die auf beiden Seiten tätig sind, so gibt es auch Verwalterinnen und Verwalter, die entweder die Kultur der Sachwaltung nicht verstanden haben oder einfach schlichtweg den Zeitpunkt zur Umstellung auf diesen neuen Markt verpasst haben.

Selbstverständlich werden Sonderbevollmächtigte oder Sanierungsberater immer versuchen, Sachwalterinnen und Sachwalter vorzuschlagen, mit denen man entweder schon einmal erfolgreich zusammen gearbeitet hat oder denen der Ruf vorauseilt, ESUG konform, konsequent aber fair, die Position des Sachwalters auszufüllen.

Generell gilt, im Vorfeld ist genau zu prüfen, ob das Unternehmen eigenverwaltungswürdig ist, ob die Geschäftsführung eigenverwaltungsfähig ist und ob die wirtschaftlichen Grunddaten noch so sind, dass eine Eigenverwaltung erfolgreich umgesetzt werden kann.

Können Eigenverwaltungen am Ende nicht im Rahmen von einem Insolvenzplan umgesetzt werden oder sprechen andere Dinge gegen eine Fortführung der Eigenverwaltung, so muss der Eigenverwalter den Antrag zurücknehmen. Regelmäßig wird dann aus der Eigenverwaltung ein normales Insolvenzverfahren und der vorherige Sachwalter / die Sachwalterin wird dann als Insolvenzverwalter eingesetzt. Das so ein Verfahrenswechsel nicht unbedingt vertrauensfördernd ist und möglicherweise die anderen Verfahrensbeteiligten noch mehr verunsichert, liegt in der Natur der Sache.

Es liegt zum Teil an der Branche, an der Historie, der bisherigen Geschäftsführung und den Sanierungsoptionen, ob eine Eigenverwaltung bei Gericht erfolgreich beantragt werden kann. Neben den vom Gesetzgeber geforderten Unterlagen sind die Gerichte darüber zu informieren, welchen Weg Geschäftsführung und Sonderbevollmächtigte bzw. Sanierungsberater einschlagen wollen.

Unbedingt beachten
Sprechen Sie mit erfahrenen Sanierern/ Insolvenzverwaltern/ Restrukturieren, die bereits eigenverwaltete Insolvenzverfahren erfolgreich über den Abschluss und die Annahme von Insolvenzplänen abgeschlossen haben. Versuch und Irrtum sowie unprofessionelle Herangehensweise kann schon eine Ablehnung des Insolvenzantrages auf Eigenverwaltung bei Gericht hervorrufen und möglicherweise im Rahmen des späteren Verfahrens den Sanierungserfolg in Frage stellen.

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