Autoren: Thomas Uppenbrink & Sebastian Frank
Sanierungsberatung muss Insolvenz- und Restrukturierungsexpertise vorweisen
Die Auswahl einer professionellen Sanierungsberatung für die Initiierung eines eigenverwalteten Insolvenzverfahrens gemäß §§ 270 ff. InsO ist für die Geschäftsführung eines in der Krise befindlichen Unternehmens selbstverständlich nicht einfach. Der erste (und auch nicht falsche) Impuls ist häufig eine Suche im Internet nach Schlagworten wie „Sanierungsberatung“ und „Sonderbevollmächtigte der Geschäftsleitung“ oder „Begleitung einer Eigenverwaltung“. Ob damit jedoch die nötige Kompetenz, das entsprechende Fingerspitzengefühl und vor allem die essentiell wichtige Expertise gefunden werden, ist natürlich im Rahmen einer solch rudimentären Recherche eher Glückssache.
Die Auswahl der passenden Sanierungsberatung zur Krisenbewältigung von Unternehmen im Rahmen einer Eigenverwaltung ist aber ein entscheidender Faktor für den Fortbestand des Unternehmens! Diese wichtige Aufgabe sollte daher eben nicht mit Glück besetzt werden.
Die falsche Wahl kann fatale Folgen haben. Kann die herausfordernde Vorbereitung einer Eigenverwaltung nicht erfüllt werden, wird aus dem geplanten eigenverwalteten Insolvenzverfahren ganz schnell ein Regelinsolvenzverfahren, im schlechtesten Falle verbunden mit einer Enteignung der Geschäftsleitung durch Verkauf des Unternehmens oder einer Abwicklung der dann bestellten Insolvenzverwaltung.
Es gibt aber weder spezifische Qualitätskriterien noch gesetzliche Normen, die das sehr spezielle Berufsbild der Sanierungsberatung vorgeben. Auch ist die Berufsbezeichnung nicht geschützt – so kann sich nahezu jede Person als Sanierungsberater bzw. Sanierungsberaterin bezeichnen, auch wenn entsprechende Qualifikationen und benötigte Erfahrungen fehlen.
Die nachfolgenden Empfehlungen und Kriterien sollen daher helfen, zumindest ansatzweise zu verstehen, wonach Ausschau gehalten werden muss, um die bestmöglichen Voraussetzungen für ein erfolgreiches Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung zu beantragen und dann auch gemeinsam umzusetzen.
Bekanntheitsgrad ist nicht alles
Die Größe und der Bekanntheitsgrad von Kanzleien garantieren nicht zwangsläufig eine gute und aufmerksame Zusammenarbeit in allen Bereichen und Branchen. Auch allgemein gehaltene Homepages mit nichtssagenden Anglizismen sind definitiv kein Nachweis von entsprechender Fachkompetenz.
Man darf nicht lediglich auf die Außendarstellung vertrauen. Nach dem ersten Kontakt sollten daher Referenzen erbeten werden. Praktische Erfahrungen und nachweisliche Sanierungserfolge (Empfehlungen gibt es in der Regel immer nur auf persönliche Anfrage) ergeben hier ein erstes Bild. Die Referenzunternehmen haben im Vorfeld auch ihre Zustimmung gegeben, als Referenz geführt zu werden. Es steht der Geschäftsführung des krisenbehafteten Unternehmens also auch frei, hier ggfs. einen Kontakt zu suchen, um die Erfahrungen abzufragen.
Regelmäßige Veröffentlichungen von Fachartikeln, Aufsätzen, Fachbüchern und die Teilnahme an großen Veranstaltungen als Referentin oder Referent verstärken die Sicherheit, hier Partnerinnen und Partner gefunden zu haben, die tatsächlich etwas vom Geschäft und den zugehörigen Unwägbarkeiten verstehen, wenn die Meinungen und Erfahrungen publiziert und angehört werden.
Wenn dann noch Empfehlungen über Kammern, Verbände oder den beauftragten Steuerberater gegeben werden, ist sicherlich schon mal eine gewisse Qualität gegeben und schafft damit die Basis einer offenen Kommunikation bezüglich der Wünsche und Überlegungen hinsichtlich des zu initiierenden Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung.
Langjährige Erfahrungen sind nötig
Eine professionelle Sanierungsberatung setzt sich meist über die Bereiche Betriebswirtschaft, Insolvenzrecht und kaufmännischer Ausbildung zusammen. Neben den klassischen Fragen der betriebswirtschaftlichen Restrukturierung müssen die Teams in der Lage sein, Arbeitsrecht, Insolvenzrecht, Gesellschaftsrecht sowie Produktion, Vertrieb, Einkauf und Unternehmensstrategie zu führen und zu analysieren sowie erfolgreich in der Eigenverwaltung zu optimieren.
Seriöse Beratungsgesellschaften werden dabei nie reißerische Werbung für ihre Kompetenzen und Erfahrungen machen, sondern diese für sich selbst sprechen lassen. Professionale Sanierungsberaterinnen und -berater bilden sich auch weiter fort bzw. vertiefen ihre Kenntnisse stetig. Fachanwaltstitel, Qualifikationen und sonstige Zertifizierungen sind daher oft zu finden.
Abschluss der Eigenverwaltung durch Annahme eines Insolvenzplans
Das häufigste Ziel, das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung erfolgreich abzuschließen, ist die Annahme des erarbeiteten Insolvenzplans. Dadurch kann das dann sanierte Unternehmen wieder unbelastet am Markt teilnehmen. Der vereinbarte Beratervertrag sollte dieses Ziel auch formulieren, muss aber an sich ergebnisoffen bleiben. Es zeigt sich nämlich in der Praxis immer wieder, dass bei vermeintlich einfachen Sanierungen im Rahmen der Eigenverwaltung am Ende unüberwindbare Probleme auftreten, die die ursprünglichen Ziele verhindern oder eben eine andere Alternative als Sanierungsinstrument zu bevorzugen ist.
Beraterinnen und Berater werden die formulierten Ziele im Laufe des gesamten Verfahrens (Vorbereitung, vorläufiges Verfahrens, eröffnetes Verfahren) immer wieder auf den Prüfstand stellen und auf Veränderungen sowie Schwierigkeiten hinweisen, um die Ziele entsprechend umzusetzen oder eben auch anzupassen.
Vielschichte Erfahrungen sind in der Eigenverwaltung gefragt
Die überwiegende Anzahl der tätigen Insolvenzverwaltungskanzleien bieten selbstverständlich auch die Begleitung einer Eigenverwaltung an. Jedoch ist im Vorfeld die Frage zu klären, ob im speziellen Fall nur eine rein juristische Begleitung in der Eigenverwaltung zur Unterstützung nötig ist oder ob ein Team zusammengestellt werden muss, welches die juristischen, betriebswirtschaftlichen, marktspezifischen und unternehmensstrategischen Bereiche allesamt abdeckt.
Nicht jede klassische Insolvenzverwaltung hat die entsprechende Kreativität, wie man Produkte und Dienstleistungen vertreibt oder neue Ideen für neue Dienstleistungen und neue Produkte entwickelt. Hingegen hat auch nicht jeder Absatz- und Marketingspezialist die Fähigkeit, im Rahmen einer Eigenverwaltung Aus- und Absonderungsrechte festzulegen und für die Sachwaltung vorzubereiten.
Die richtige und individuell notwendige Mischung des mit der Sanierung beauftragten Beratungsteams führt letztlich zum Erfolg.
Die Eigenverwaltung hat sich für den Unternehmenserhalt bewährt
Das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung hat sich seit seiner Einführung sehr erfolgreich als Sanierungsinstrument etabliert und zum Teil sehr bekannte und am Markt mit entsprechendem Wiedererkennungswert tätige Unternehmen restrukturiert und saniert. Die letztlich ausbezahlten Quoten für die Gläubiger lagen dabei in der Regel deutlich höher, als wenn die Unternehmen im Rahmen einer übertragenden Sanierung veräußert oder abgewickelt worden wären (das fordert im Übrigen auch die Insolvenzordnung).
Die langfristigen Sanierungs- bzw. Erhaltungsquoten bei Unternehmen, die über eine Eigenverwaltung durch spezialisierte Sanierungsteams restrukturiert wurden, waren dabei ebenfalls deutlich besser.
Überproportionaler Erhalt von Arbeitsplätzen in der Eigenverwaltung
Die Anzahl erhaltener Arbeitsplätze ist im Durchschnitt ebenfalls deutlich höher als bei Regelinsolvenzverfahren. Das liegt meist auch daran, dass in der Eigenverwaltung grundsätzlich versucht wird, das bisher bestehende Unternehmen im Ganzen zu erhalten. Natürlich werden personelle Überkapazitäten auch in der Eigenverwaltung angepasst, in der Regel aber deutlich restriktiver, wie es z.B. bei übertragenden Sanierungen der Fall ist.
Welche Referenzen passen auf welches Unternehmen in der Krise?
Ist letztlich die Wahl auf eine Sanierungsberatung über einen ersten Eindruck, Referenzen und Empfehlungen gefallen, wird zunächst regelmäßig ein sehr ausführliches Erstgespräch geführt, in dem die Geschäftsleitung idealerweise aussagekräftige Unterlagen vorlegt.
Ob diese Besprechung kostenpflichtig abgerechnet oder unentgeltlich erbracht wird, ist von den Gepflogenheiten der Sanierungsberatung und von Art und Umfang des potentiellen Auftrages abhängig. Eine Kostennote sollte aber nicht abschrecken, denn ggfs. kann bereits ein ausführliches und entsprechend vorbereitetes Erstgespräch Aufschluss über die Tiefe der Krise und die weiteren Möglichkeiten geben.
Die Geschäftsleitung sollte nun bereits auf Fragen zur allgemeinen Kreditwirtschaft, zu Finanzierungen, zu Arbeitnehmervertretern bzw. Gewerkschaften, zu institutionellen Gläubigern und Sicherungsgläubigern, zu Sicherheiten sowie natürlich ersten Sanierungsüberlegungen vorbereitet sein.
Ob über Vermittlung, Empfehlung oder Eigenrecherche – das eigene Gefühl entscheidet
Wie bereits zu Beginn erläutert, ist die Auswahl einer Sanierungsberatung keine leichte Aufgabe, da viel auf dem Spiel steht und es in der Regel nur einen Versuch gibt, ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung erfolgreich zu initiieren und umzusetzen.
Wurde über Recherche, Referenzen und Empfehlungen ein Erstgespräch geführt, sollte sich bei der Geschäftsführung des krisenbehafteten Unternehmens ein Gefühl der Sicherheit und Zuversicht einstellen.
Neben dem Gefühl, eine kompetente Beratung erhalten zu haben, muss sich die Geschäftsführung letztlich auch sicher sein, das Verfahren, welches sich über mehrere Monate erstrecken wird, gemeinsam umsetzen zu können.