Stille Unternehmensliquidation als Alternative zur Abwicklung durch Insolvenzverfahren

Autoren: Thomas Uppenbrink & Sebastian Frank

Sanierungsfähigkeit fehlt

Bei der ersten Analyse einer Sanierungsfähigkeit kommt in der Regel sofort die Frage auf, ob eine Sanierung aufgrund von Produkten, Dienstleistungen, Standorten und der allgemeinen wirtschaftlichen Situation überhaupt noch gegeben ist. Sollte diese erste Analyse direkt ein negatives Ergebnis ergeben, so bietet sich meist nur noch der Weg eines Insolvenzverfahrens mit Abwicklung des Unternehmens an oder eben als Alternative eine stille und in Eigenregie durchgeführte Liquidation. Die Liquidation ist aber nur dann möglich, wenn genügend Masse und Liquidität zur Verfügung steht, um das Unternehmen sorgfältig und unter Berücksichtigung aller Auslaufkosten vollumfänglich abzuwickeln. Die Liquidation beginnt bei Kapitalgesellschaften mit der Auflösung der Gesellschaft und endet mit der Austragung im Handelsregister, der dann erfolgten endgültigen Löschung.

Fristen und Formen müssen beachtet werden

Sofern die Gesellschaft nicht durch Ablauf der im Gesellschaftsvertrag festgelegten Frist aufgelöst wird oder andere Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag geregelt sind, müssen die Gesellschafter zunächst die Auflösung der Gesellschaft gem. § 60 Nr. 2 GmbHG mit einer Dreiviertelmehrheit beschließen.

Dann ist eine detaillierte Liquidationsrechnung aufzustellen, die den Nachweis erbringen muss, dass die liquiden Mittel zum Beispiel auch durch Verkäufe des Anlage- und Umlaufvermögens ausreichen, um eine ordnungsgemäße Liquidation durchzuführen, bei der alle Auslaufkosten beglichen werden können (Abfindungen, Beräumung, Notarkosten etc.). Ob am Ende sogar noch Auszahlungen an die Gesellschafter möglich sind, spielt bei dieser Betrachtung keine Rolle – im Gegenteil: Ggfs. müssen die Gesellschafter noch Kapital nachschießen, um eine stille Liquidation zu ermöglichen. Der Gesetzgeber verlangt ausdrücklich, dass alle Forderungen der Arbeitnehmer, Lieferanten, Kreditinstitute und sonstigen Dienstleister ordnungsgemäß bedient werden.

Liquidator kann der Geschäftsführer, aber auch ein fremder Spezialist sein

Die Gesellschafterversammlung bestimmt bei der Beschlussfassung auch gleich den Liquidator. Häufig handelt es sich hier um den bisherigen Geschäftsführer. Dieser kann jedoch auch gegen eine andere, z. B. auf Unternehmensabwicklung spezialisierte fachkompetente Person ausgetauscht werden, die die Schwierigkeiten und Unwägbarkeiten einer Unternehmensliquidation besser einschätzen und bearbeiten kann (vgl. § 66 Abs. 1 GmbHG).

Auflösungsbeschluss und Eintragung ins Handelsregister

Bei Auflösung durch den Liquidator gem. § 65 Abs. 1 GmbHG muss der Notar die Eintragung der Auflösung in das Handelsregister veranlassen. Dies ist dann nicht nötig bzw. möglich, wenn die Gesellschaft zwar aus dem aktiven Geschäftsverkehr genommen wird, aber z. B. aufgrund von Gewährleistung oder Ähnlichem noch längere Zeit zumindest passiv am Markt verbleiben muss. Man nennt dies auch Schließung des werblichen Teils des Unternehmens.

Bekanntmachung der Liquidation im Bundesanzeiger

Im Zuge der Liquidation muss jedem Gläubiger ermöglicht werden, die entsprechenden Forderungen geltend zu machen. Der Liquidator muss daher die Auflösung im Bundesanzeiger (www.bundesanzeiger.de) bekannt machen und dabei gleichzeitig die Gläubiger auffordern, sich bei der Gesellschaft zu melden, um eventuelle Forderungen geltend zu machen.

Schreitet die Liquidation voran und es werden störungsfrei die Belegschaft entlassen, sämtliche Vermögenswerte liquidiert und das Unternehmen sukzessive vom aktiven Geschäftsverkehr entfernt, muss die Liquidität ausreichen, um alle angemeldeten Forderungen zu begleichen. Danach folgt das sogenannte Sperrjahr. Innerhalb dieser Zeit darf der Liquidator das Gesellschaftsvermögen nicht an die Gesellschafter verteilen, sondern nur verwalten, um mögliche Nachzügler, die von der Liquidation erst später erfahren haben, zu befriedigen. Nach dem Sperrjahr darf das eventuell noch vorhandene Vermögen dann an die Gesellschafter verteilt werden, wenn sämtliche Verbindlichkeiten beglichen sind bzw. bei strittigen Verbindlichkeiten den zugehörigen Gläubigern ausreichende Sicherheiten geleistet wurden, um dann möglicherweise laufende Gerichtsverfahren auch ohne die Gesellschaft fortzusetzen.

Daraus erschließt sich aber auch, dass eine Unternehmensliquidation eben deutlich länger als ein Jahr andauern kann und von diversen Unwägbarkeiten geprägt sein kann.

Liquidationsrechnung und Liquidationsbilanzen

Der Liquidator hat zu Beginn der Liquidation neben der generellen Liquidationsrechnung auch eine Eröffnungsbilanz der Liquidation, die sogenannte Liquidationseröffnungsbilanz und einen erläuternden Bericht aufzustellen.

In der Liquidationsrechnung sollte zunächst immer auf den Worst Case abgestellt werden und es müssen auch alle Dauerschuldverhältnisse, dauernde Lasten und nicht periodische Verbindlichkeiten in vollem Umfang unter Berücksichtigung der Kündigungsfristen mit einbezogen werden. Wenn z. B. langfristige Mietverträge dann durch Vergleich oder Verzicht abgewickelt werden können, wird die Liquidationsrechnung entsprechend entlastend angepasst.

Im Weiteren hat der Liquidator die Verpflichtungen, die laufenden Geschäfte des abzuwickelnden Unternehmens zu beenden, die vertraglichen Verpflichtungen der sich in Auflösung befindlichen Gesellschaft zur erfüllen, die Forderungen derselben einzuziehen und das Vermögen der Gesellschaft in Geld umzusetzen (vgl. § 70 GmbHG).

Die Aufstellung der Liquidationsschlussbilanz wird ebenfalls zu den Pflichten eines ordentlichen Liquidators gezählt. Unverzichtbar ist in jedem Fall die Schlussrechnung des Liquidators.

Schlussverteilung des Restvermögens

Nach Beendigung der Liquidation ist der Liquidator verpflichtet, das Vermögen der Gesellschaft quotal zu den Gesellschaftsanteilen an die Gesellschafter zu verteilen, sofern im Gesellschaftsvertrag nicht ein anderes Verteilungsprinzip bestimmt ist (vgl. § 72 GmbHG). Allerdings darf die Verteilung nicht vor Tilgung oder der Sicherstellung der Schulden der Gesellschaft und nicht vor Ablauf eines Jahres seit dem Tage vorgenommen werden, an welchem die Aufforderung an die Gläubiger gemäß § 65 Abs. 2 GmbHG erfolgt ist (§ 73 GmbHG).

Nach Verteilung des Restvermögens kann die Gesellschaft im Handelsregister gelöscht werden. Hierzu hat der Liquidator über den Notar einen entsprechenden Antrag beim Registergericht zu stellen. Mit Eintragung der Löschung in das Handelsregister verliert die Gesellschaft ihre Rechtsfähigkeit.

Daneben ist es ebenfalls notwendig, dass das Gewerbe der ehemaligen Gesellschaft beim Gewerbeamt gelöscht wird. Die Löschungen sind ordnungsgemäß dem Finanzamt mitzuteilen.

Die Geschäftsbücher der liquidierten Gesellschaft sind 10 Jahre aufzubewahren und sind idealerweise fachgerecht einzulagern. Die Kosten für die sichere Lagerung und die fachgerechte Entsorgung sind im Vorfeld ebenfalls in der Liquidationsrechnung zu berücksichtigen und vorab für die gesamte Zeit zu bezahlen.

Probleme der Liquidationsbilanzen

Der Liquidator oder ein von ihm beauftragter Dienstleister muss bei der Erstellung einer Liquidationsbilanz alle Aktiva und Passiva entsprechend gegenüberstellen und zwar unter Zerschlagungswerten. Grundsätzlich werden bei Verkauf und Verwertung in einer Liquidation nur und ausschließlich die Zerschlagungswerte unter schlechtesten Bedingungen angesetzt (Vorsichtsprinzip).

Wichtig ist auch, dass sämtliche Dauerschuldverhältnisse sowie dauernde Lasten mit dem Blick auf die längsten und ungünstigsten Kündigungsfristen behandelt werden. Kündigungsfristen und Abfindungsansprüche des Personals sind im Wege der Betriebsschließung ebenfalls unter Worst Case einzustellen.

Besonders schwere Bedingungen bei einer Liquidation ergeben sich dann, wenn betriebseigene Renten oder sonstige Versorgungsansprüche für ehemalige oder noch tätige Betriebsangehörige vereinbart worden sind. Ebenfalls regelmäßig problembehaftet sind Pensionszusagen für geschäftsführende Gesellschafter oder höhere Angestellte.

Bei einer Liquidationsbilanz sind auch Eventualverbindlichkeiten aus Prozessen, Rückansprüchen und Gewährleistungen aufzunehmen.

Liquidationsrechnung mit möglichem Pool-Vergleich

Sollte die aufgestellte Bilanz eine liquiditätsmäßige Unterdeckung aufweisen, dann besteht für den Liquidator der Zwang, eine Gesellschafterversammlung einzuberufen und möglicherweise einen Kapitalnachschuss von den Gesellschaftern zu fordern. Wird dieser Forderung durch die Gesellschafter nicht nachgekommen, dann ist eine Zahlungsunfähigkeit festgestellt und gemäß § 17 Abs. 2 InsO ist der Liquidator dann verpflichtet, einen Insolvenzantrag zu stellen. Die einzige Ausnahme, die Verbindlichkeiten entsprechend auch mit einer Unterdeckung zu bedienen, ist der sogenannte Liquidationsvergleich oder Pool-Vergleich.

Die vorhandene Gesamtliquidität wird den Gesamtverbindlichkeiten gegenübergestellt und die sich daraus ergebene Vergleichsquote, wird allen Gläubigern angeboten, um sämtliche Verbindlichkeiten abzugelten. Ein Pool-Vergleich in der Liquidation bedeutet, dass die Gläubiger gleichermaßen auf einen Teil Ihrer Forderungen verzichten. Es ist jedoch in der Praxis meist so, dass die Vergleichshöhe im freiwilligen Pool-Vergleich immer noch deutlich höher ist, als wenn ein Regelinsolvenzverfahren initiiert wird, da die allgemeinen Kosten des Insolvenzverfahrens die letztliche Quote meist deutlich mindert.

Bei einem solchen Vorgehen ist aber darauf zu achten, dass bei einem Vergleich in der Regel eine Vorsteuerkorrektur zu erfolgen hat und damit auch noch eine entsprechende Zahllast zugunsten des Finanzamts in die Liquidationsrechnung einzustellen ist.

Schließung des Unternehmens durch Liquidationsvergleich

Wenn die Liquidationsbilanz aufgestellt ist und der Fortgang der Unternehmensabwicklung durch plausible und realistische Zahlen dokumentiert wird, kann mit der Liquidation begonnen werden. Es empfiehlt sich bei solchen Vorhaben einen separaten Gesellschaftsbeschluss herbeizuführen, damit das Handeln des Liquidators durch den Beschluss der Gesellschafter abgedeckt ist.

Der Vergleich mit den Gläubigern muss schriftlich geschlossen werden. Ist dies geschehen, dann kann nach Auszahlung des Liquidationsvergleichs mit der Schließung des Unternehmens begonnen werden.

Im Zuge der Schließung des Unternehmens ist es Aufgabe des Liquidators, die laufenden Geschäfte zu beenden und Verpflichtungen der aufgelösten Gesellschaft einzuhalten. Es empfiehlt sich für diesen Zeitraum die Aufstellung einer Geschäftsordnung, die dann den Handlungsspielraum des Liquidators definiert und vorgibt, wann die Gesellschafter mit zustimmen müssen.

Danach dürfen dann auch dienliche Geschäfte durchgeführt und ggfs. auch noch Neuverträge abgeschlossen werden.

In der Korrespondenz der Gesellschaft ist nach Beschluss der Gesellschafter der Zusatz „i. L.“ (in Liquidation) zu führen.

Liquidation eines Gewerbebetriebes oder BGB-Gesellschaft

Auch Gewerbebetriebe sowie BGB-Gesellschaften sind ordnungsgemäß zu liquidieren. Bei der Liquidation eines Gewerbebetriebes oder einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts gilt die gleiche, allerdings den Umständen angepasste Vorgehenswese wie schon beschrieben. Speziell entfallen die Verpflichtungen zur Anmeldung der Liquidation im Handelsregister sowie der entsprechenden Löschungsmitteilungen.

Aus § 14 GewO leitet sich die Pflicht des Gewerbetreibenden ab, bei Abgabe eines selbstständigen Gewerbes die zuständigen Behörden bei Gewerbeabmeldung in Kenntnis zu setzen. Die Abmeldung des Gewerbes kann persönlich oder durch einen bevollmächtigten Beauftragten (Steuerberater, Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer) erfolgen.

Die Gewerbeabmeldung kann erst dann durchgeführt werden, wenn alle Geschäftsaktivitäten ordnungsgemäß abgewickelt und eingestellt wurden.

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